Die Wunderblume auf dem Löbauer Berge

Auf demjenigen Teile des bekannten Löbauer Berges, der wegen der darauf wachsenden Kräuter der Kräutergarten genannt wird, blühet in der Nacht des Tages Johannis-Enthauptung (Anm. 29. August) mit dem Glockenschlage 11 Uhr eine Blume, welche  kein Naturforscher je gesehen oder bestimmt zu haben, sich rühmen kann. Ihre Farbe ist purpur mit goldener Einfassung, grün mit Silberrändchen, ihre dem Lotos ähnlichen Blätter, veilchenblau ihr Stengel und glänzend himmelblau der Stempel. Sie hat wiewohl großartiger, der Lilie Gestalt und weit und breit duften – wenn sich ihre Kelch erschließt – ihre Wohlgerüche, denen die lieblichsten Blumendüfte, weder in der Alten noch Neuen Welt gleichen. Kein sterbliches Auge hat je ihre Wurzel erblickt ….

 

Auf dem Löbauer Berge blüht in der Johannisnacht eine Blume, herrlich und schön und wer sie pflückt, wird zum glücklichen Menschen. Der Stengel ist von grünem Smaragd, an dem Blätter von Rubin wachsen, die weithin durch den dunklen Tannenwald leuchten. Alles aber übertrifft an Pracht ihr Kelch, der aus einem großen Diamant besteht, dessen Glänz der Mond und die Sterne verdunkeln und aus dem liebliche Gesänge emporsteige, die zauberisch die stille Nacht durchklingen.

Von dieser Wunderblume erzählt man sich folgende Sage: Die Johannisnacht war auch in Löbau mit mancherlei Schwank  und Scherz gefeiert worden; die Lichter erloschen allmählich in den Häusern, da trat ein Mädchen aus einer niedrigen Hütte, die einsam am Fuße des Löbauer Berges stand.     

Mit verweinten Augen blickte sie hinauf zum Sternenzelt  und seufzte: „wann wird mein armes Herz Ruhe finden?“ Vater und Mutter und ihr Geliebter waren ihr kurz hintereinander gestorben und sie hatte heute Abend nach alte Sitte ihre Gräber geschmückt und an ihnen gebetet. Da ging sie durch das tauige Gras den Berg hinauf und vor ihr schwebte ein Irrlicht, dem sie unbewusst folgte. Der Wald wurde immer dichter, die Tannen rauschten traulich in der Einsamkeit. Plötzlich sieht das Mädchen durch die Bäume hellen Glanz schimmern, sie eilt auf die Stelle zu und steht vor der Wunderblume. So hatte sie ihr einst, ihr Vater geschildert, als sie allabendlich das Köpfchen auf die Hände gestützt, seinen Erzählungen lauschte. Es war ihr, als tönte es aus dem Kelche; Pflück mich ab, pflück mich ab. Als sie die Blume abgepflückt hatte, erlosch der Glanz derselben und der Wald war wieder dunkel wie zuvor.

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